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„Wir können alle extrem viel für unser eigenes Leben, vor allem unseren Berufsalltag, von Top-Athleten, Spitzenteams und ihren Trainern lernen“, behauptet der erfolgreiche Hockeyspieler Felix Wild in dem Buch „The Working Game“, das er zusammen mit seiner Frau Lisa Uriel-Wild geschrieben hat. Mit dieser Botschaft ist er beileibe nicht der erste auf dem Markt der Unternehmens- und Lebensberater und Motivationstrainer. Was das Buch dennoch lesenswert macht, ist die realistische und selbstkritische Einstellung, die das Autorenpaar an den Tag legt, wenn sie feststellen: „Zur Wahrheit gehört auch, dass ein Job in der Regel weniger Emotionen auslöst als der Sport: Die wenigsten Angestellten, Selbstständigen oder Unternehmer werden im Arbeitsalltag eine solche Aktivierung spuren, wie sie Sportler bei Wettkämpfen erleben.“ Dennoch haben „Sport und Business ganz viel gemeinsam“, wie die Autoren feststellen.
Sport allgemein, nicht nur Leistungssport, könnte allerdings schon für junge Menschen ein effektives Trainingsfeld für die Ausbildung von Frustrationstoleranz sein. Felix Wild, der aus einer Familie stammt, die über vier Generationen hinweg kontinuierlich Olympiasieger hervorbrachte, berichtet das aus seiner eigenen Entwicklung: „Mir sind Niederlagen immer schwergefallen. Schon als Kind konnte ich nicht damit umgehen zu verlieren – sei es auf dem Hockeyplatz, bei Spielenachmittagen mit der Familie oder bei Kindergeburtstagen… Erst im Laufe meiner sportlichen Laufbahn habe ich gelernt, mit Niederlagen besser umzugehen. Ich habe die Schuld nicht mehr nur auf andere oder äußere Umstande geschoben, sondern erkannt, was mir wirklich etwas bringt: Die Situation, auch wenn sie noch so unschön ist, zu akzeptieren und zu analysieren, was nicht gut gelaufen ist. Um daraus dann abzuleiten, was ich besser machen kann – und es im Idealfall beim nächsten Versuch auch besser zu machen.“
Sportler wissen, dass Niederlagen und Rückschläge, Fehler und Versagen auf dem Weg zum Erfolg liegen. Michael Jordan sagte über sich: „Ich habe in meiner Karriere mehr als 9000 Wurfe verfehlt. Ich habe beinahe 300 Spiele verloren. Ich bin immer und immer wieder in meinem Leben gescheitert. Und das ist der Grund, warum ich gewinne.“ In der Schule und im Berufsleben huldigen wir dagegen immer noch dem Mythos der Fehlerlosigkeit. Vor allem jüngere Arbeitnehmer haben Angst davor, Fehler zuzugeben, und Führungskräfte sind überwiegend geneigt, Fehler unter den Teppich zu kehren.
Auch die Diskussion über Arbeitszeitverkürzung erscheint aus der Sicht von Sportlern in einem anderen Licht. Für Felix Wild, der heute als Unternehmensberater arbeitet, „geht diese Diskussion am eigentlichen Thema vorbei. Denn Forscher haben herausgefunden, dass der Mensch sowieso nur maximal vier bis sechs Stunden am Tag konzentriert arbeiten kann." Wäre es da nicht besser, man würde im Arbeitsleben nicht länger Arbeit mit geleisteter Arbeitszeit gleichsetzen? „In einem gesunden Arbeitsverhältnis“, so die Autoren von „The Working Game“, „stehen Effizienz, Vertrauen und das ehrliche Bemühen, das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, im Vordergrund – nicht die Anzahl der Stunden pro Tag oder Arbeitstage pro Woche.“ Kein Sportler würde auf die Idee kommen, seine Leistung an der Zahl der Stunden zu messen, die er im Training verbringt.
Analogien zwischen Sport und Arbeitswelt ergeben sich vor allem aus dem Teamsport. Erfolgreiche Teams im Sport weisen einen hohen Grad an gekonnter Selbstorganisation auf, weiß Felix Wild. Selbstorganisation heißt nicht Führungslosigkeit, sondern die gezielte Nutzung der unterschiedlichen Persönlichkeiten in einem Team. Felix Wild gibt ein Beispiel: „Beim FC Bayern waren Leader nicht nur die Trainer, die jeweils individuelle Akzente im Umgang mit dem Team setzten; sondern auch Spieler wie der bescheidene Philipp Lahm, der euphorisierende Bastian Schweinsteiger, der konstante Manuel Neuer oder der humorvoll-schlagfertige Thomas Muller. Ganz unterschiedliche Leader-Typen, deren Rollen im Team aber klar definiert und zum Teil mit mehr Verantwortung aufgeladen waren als bei anderen.“
Auch selbstorganisierte Teams benötigen Führung. Von der Welt des Sports könnten Führungskräfte lernen, sich auf die unterschiedlichen Teammitglieder einzustellen und statt eines einheitlichen Führungsstils individuelle Ansprachen zu praktizieren. Felix Wild zitiert den ehemaligen Hockeybundestrainer Markus Weise, der sagte: „Für den einen ist es ‚Arschtreten‘, für den anderen ist es ‚in den Arm nehmen‘.“
Neben all den Analogien zwischen Sport und Arbeit, die sich auf Leistung, Fokussierung und Wettkampf beziehen, macht uns das Buch von Felix Wild und seiner Partnerin auch mit einer anderen Seite des sportlichen Ehrgeizes bekannt – einer demütigen und entspannten Haltung. Sehr erfolgreiche Vereine wie der FC Barcelona oder der FC Bayern seien in einer Weise auch immer bescheiden geblieben, wie Thomas Tuchel einmal in einem Interview erläuterte. Beide Mannschaften hätten sich weniger auf den Wettbewerb als auf ihre Weiterentwicklung fokussiert. „Sie haben sich losgelöst davon, gegen wen sie spielen, in welchem Stadion sie spielen, zu welcher Uhrzeit sie spielen. Sie haben für sich selbst gespielt.“ Von Sportlerinnen und Sportlern könne man auch lernen, lockerer und unaufgeregter mit Drucksituationen umzugehen: „Als Britta Steffen vier Jahre nach ihrem Sieg in Peking bei den Olympischen Spielen in London nicht mehr an ihre Topleistung anknüpfen kann und im Halbfinale ausscheidet, beschwichtigt sie die wartenden Reporter: ‚Das ist kein Weltuntergang. Und durch mich ist auch nicht der Weltfrieden gefährdet!‘“ Am Ende des Tages ist es eben nur Sport. Und auch die Arbeit ist doch letztlich nur – ein Spiel. Oder?
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stratum lounge, Boxhagener Straße 16, Berlin, Germany
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