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Der Wahl-Berliner spielt mehr als nur Gitarre, er singt, haucht, spuckt, macht unendlich Schönes wie Hässliches sichtbar. Geschont wird man woanders.Tristan Bruschs Talent entfaltet sich erst komplett, wenn man ihn auf der Bühne erlebt. Er schont sich nicht, nicht das Publikum, einfach so bei einem Bier nebendran sitzen, das ist hier nicht drin. Bühnenmagie, das ist ein Wort fürs nächste Mal Scrabble, aber bei einem Tristan Brusch Konzert bekommt man eine Ahnung, was das tatsächlich bedeuten könnte.
Am 24. März 2023 erscheint das neue Album des Songschreibers und Sängers Tristan Brusch. „Am Wahn“ ist das wilde, bestürzend schöne Dokument einer hypertoxischen Beziehung. Eine mitreißend schwelgerische Liebeserklärung an die großen Tage von Popmusik mit großer Geste und Chanson, mit der Tristan Brusch nicht eine Sekunde lang den Fehler macht, auf Nummer sicher zu gehen.
Was es hierzulande ja gar nicht mal so oft gibt: Vieldeutigkeit im Pop. Wir Deutschen singen, sagen und erklären schon wirklich sehr gerne ganz genau, was gemeint ist. Und zwar so, dass es auch der letzte versteht. Präzision wird eben hoch geschätzt im Land der Ingenieure. Das ist ehrenhaft, führt im Zusammenhang mit Musik aber oft zu Vorhersehbarkeit und schwer pädagogischem Unterton.
Insofern ist es gut, dass es auch Songschreiber und Sänger wie Tristan Brusch gibt. Der 34- Jährige gehört jener raren Spezies von Sängern an, die den spielerischen Umgang mit eindeutig-vieldeutigen Metaphern in Liedtexten bravourös beherrscht. Bei Tristan Brusch bedeutet ein Song immer ganz genau das, was er für die Hörerin oder den Hörer im Moment des Hörens bedeutet, also theoretisch mehr oder weniger alles. Die höchste Kunst überhaupt.
Zur Perfektion führte er diesen Umgang mit der angeblich so schwierigen deutschen Popsprache bereits 2021 auf seinem letzten Album „Am Rest“, mit dem direkten Nachfolger „Am Wahn“ gibt er seiner Dichtkunst nun endgültig den letzten Schliff. Brusch hat verstanden: Im Pop geht es niemals nur um die Worte, die man singt, sondern immer um die Mischung aus Vortrag, Text, Melodie, Instrumentierung und Arrangement. Erst aus all diesen Komponenten formen sich letztlich Temperatur und Bedeutung eines Songs.
„Wenn ich in meiner Musik etwas ganz Eindeutiges sage, schäme ich mich regelrecht, weil ich damit automatisch so viele Sichtweisen ausschließe“, sagt Tristan Brusch. „Ich finde es viel interessanter, nicht auf die Nase gebunden zu bekommen, wie man sich zu fühlen hat und also die Reaktion auf ein Lied in der Person selbst entstehen zu lassen.“
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