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Man kennt Tony Carey entweder als US-amerikanischen Songwriter, der Hits wie „Room With A View“ und „A Fine, Fine Day“ geschrieben hat. Oder man kennt Tony Carey als Produzenten von Peter Maffay („Tabaluga und das leuchtende Schweigen“) und Milva. Oder man kennt ihn als Keyboarder von Ritchie Blackmore’s Rainbow in den 70ern. Das sind sehr verschiedene Tony Careys. Der 1953 in Watsonville, Kalifornien geborene Multiinstrumentalist ist ein lebenslang Reisender in Sachen Kreativität, der sich nicht vorschreiben lässt, welche Musik er spielt. „Vermutlich wäre meine Karriere gradliniger verlaufen, wenn ich mich auf einen Stil festgelegt hätte“, sagt Carey, „aber das wollte ich nicht – ich mache einfach, was mir gefällt.“ Careys Musikkarriere beginnt, als er mit seinen Eltern (Papa ist Entomologe, Mama Malerin) 1969 von Turlock/Kalifonien nach Westport/Connecticut umzieht. Der begabte Musiker überlegt kurz, die Laufbahn eines Orchestermusikers einzuschlagen, entscheidet sich aber für den Rock’n’Roll. Careys erste Band, Blessings, entsteht an der Ostküste, doch die Formation (in der er Keyboards spielt) zieht bald mit einem Plattenvertrag im Gepäck nach Los Angeles. Doch dort fällt sie dem für seinen Perfektionismus berüchtigten Steely-Dan-Produzenten Gerry Katz zum Opfer – die Aufnahmen dauern eineinhalb Jahre, das Album wird nie fertig. Ritchie Blackmore hört Carey beim Orgelspielen durch sieben Wände und rekrutiert ihn für seine Band Rainbow – der Rest ist Hardrock-Geschichte. Über Los Angeles führt der Weg nachDeutschland, wo er seither lebt. Carey veröffentlicht wundervolle Soloalben, darunter „Some Tough City“ (1984) und „Blue Highway“ (1985), die auf beiden Seiten des Atlantiks für Furore sorgen. Das Lied „Room With A View“ (1988)
entsteht für den ARD-Dreiteiler „Wilder Westen“ und wird sein hierzulande größter Erfolg. Die Begegnung mit Peter Maffay führt zu einer jahrelangen Zusammenarbeit, in deren Verlauf Carey mehrere Alben des deutschen Megastars produziert. Dasselbe tut er über die Jahre u. a. für Jimmy Barnes,
John Mayall, Chris Thompson, José Carreras, David Knopfer und besagte Milva.
Zudem entstehen eine Handvoll Alben mit seinem Planet P Project, in dem der Multiinstrumentalist Electro, 80s-Sounds und Progrock zueinander bringt. Weil Carey mit der Plattenindustrie nicht nur gute Erfahrungen macht, produziert er seit Mitte der achtziger Jahre diverse Alben im Alleingang und versorgt die weltweite Fangemeinde aus seinem Webshop mit physischen Tonträgern. 2019 wird anlässlich seines 50-jährigen Bühnenjubiläums ein knappes Dutzend dieser Alben als Remasters bzw. (zum Teil) Remixes erstmals für die breite Öffentlichkeit erscheinen. Die Fülle des musikalischen Materials entspricht der Fülle an Wissen und Erfahrungen, die Tony Carey in seinem Musikersein gesammelt hat. Und sie bereitet den Weg für „Lucky Us“, an dem man sein gesammelte Erleben, Verstehen und Können in wundervollen Songs spürt. „Lucky Us“, knüpft an den eingangs erwähnten US-amerikanischen Sound an – hier liegt die Wurzel seines Schaffens. Und doch ist „Lucky Us“ wieder etwas, das Carey noch nie gemacht hat: ein Album mit Piano und Orchester. „Die Welt um uns herum gerät aus den Fugen“, erklärt er. „Ich glaube, was wir jetzt brauchen, ist eine warme Decke und Ruhe. Ich neige dazu, in einigermaßen ruhigen Zeiten davor zu warnen, was kommen könnte. Wenn es dann passiert, sprechen die Geschehnisse für sich selbst. Ich muss nicht auch noch von ihnen singen.“ Hört man die Songs von „Lucky Us“, ist man dankbar für diese Haltung. Carey singt am Flügel wehmütig-schöne Lieder, in denen ein tief empfundener US-amerikanischer Ton schwingt – man denkt an Jackson Browne, Bruce Springsteen und die Eagles, aber man hört Tony Carey, der zur selben Zeit wie diese Kollegen mit dem Songschreiben begann und ein zeitloses Gefühl transportiert. Man rollt sich in diese Lieder ein wie in eine Decke.
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