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Als Kulturkollektiv ContrApunkt laden wir am 05.11.2025 in die p.m.k ein. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Tradition“ und „Brauch“, die sich in Tirol in einer Vielzahl von Praktiken verdichten: vom Faschingsgeschehen mit Figuren wie den Absamer Matschgerern, den Axamer Wampelern oder den Thaurer Mullern über die großen Fasnachten in Imst, Nassereith und Telfs bis hin zu den Krampus- und Tuiflvereinen der Wintermonate. Diese Formen erscheinen auf den ersten Blick als selbstverständlich tradierte Rituale, erweisen sich jedoch bei genauerem Hinsehen als von komplexen sozialen Dynamiken durchzogen, von Fragen nach Zugehörigkeit und Ausschluss, nach Geschlechterordnungen und Identitätsentwürfen. Gerade in dieser Spannung zwischen Vertrautheit und Ausgrenzung, zwischen Gemeinschaftsbildung und Abgrenzung, wird die Ambivalenz von „Brauchtum“ und „Tradition“ sichtbar.Die scheinbar schlichte Formel „Weil es immer schon so war“ wird bis heute von „Traditionsvereinen“ zur Rechtfertigung von Ausschlussmechanismen herangezogen. Sie verleiht bestehenden Strukturen den Anschein von Selbstverständlichkeit, verschließt sie vor Veränderung und stabilisiert Machtverhältnisse.
Der Rekurs auf „Tradition“ wirkt damit weniger als neutrale Beschreibung, sondern als Argumentationsfigur, die Ansprüche auf Echtheit, Authentizität und Schutzwürdigkeit erhebt und damit zugleich Fragen nach Deutungsmacht, kultureller Wertigkeit und politischer wie ökonomischer Legitimation aufwirft.
Auch Bräuche erscheinen als Überreste der Vormoderne, als Inszenierungen einer vermeintlich vergangenen Ordnung und doch erweisen sie sich historisch als dynamisch und elastisch. Sie leben davon, dass sie in Gruppen praktiziert und von diesen immer wieder verändert werden. Diese Ambivalenz macht „Brauch“ zu einem machtvollen, aber auch problematischen Begriff. Einerseits werden Bräuche als erhaltenswert und typisch für bestimmte Regionen inszeniert. Andererseits zeigt sich, dass sie keineswegs statisch sind, im Vollzug können sie neu ausgehandelt, angepasst, transformiert oder auch fallengelassen werden. Beispielsweise im Kontext touristischer Ökonomisierung, etwa beim Krampusrummel in Maurach am Achensee, wo der eigentliche Umzug durch Showelemente, musikalische Darbietungen und eine Aftershowparty im Festzelt ergänzt wird.
Die vorgestellten Überlegungen zu „Tradition“ und „Brauch“ sollen nicht als pauschale Verurteilung der Praktiken verstanden werden, sondern vielmehr als kritische Aufschlüsselung ihrer Funktionsweisen. Entscheidend ist nicht die Frage, ob beispielsweise Faschingsumzüge oder Krampusläufe „gut“ oder „schlecht“ sind, sondern wie diese Praktiken über den Rekurs auf „Tradition“ oder „Brauch“ legitimiert, fixiert und dadurch auch gegen Veränderung abgeschirmt werden.
In der geplanten Veranstaltung wird es daher darum gehen, Praktiken wie Faschings- und Krampusumtriebigkeiten nicht vorschnell in eine konservierende Logik einzuschreiben, sondern ihre Offenheit, ihre Beweglichkeit und ihre Ambivalenzen sichtbar zu machen und trotzdem auch einen kritischen Blick darauf zu werden.
Gemeinsam mit Julia Jenewein, freischaffender Regisseurin und Kulturarbeiterin in Innsbruck, die in ihrer künstlerischen Praxis gesellschaftliche Ordnungen und kulturelle Narrative kritisch befragt,
Konrad Kuhn, assoziiertem Professor für Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck, dessen Forschungsschwerpunkte unter anderem Brauch- und Ritualpraxis, Erinnerungskultur und die Wissensgeschichte der Volkskunde umfassen,
sowie Musiker Staad wollen wir untersuchen, wie Bräuche und Traditionen genutzt werden, um Zugehörigkeiten zu markieren, Grenzen zu ziehen oder Identitäten zu behaupten und wo zugleich Spielräume für Veränderung, Öffnung und kreative Neugestaltung bestehen.
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Event Venue & Nearby Stays
Viaduktbogen 18, 6020 Innsbruck, Austria, Viaduktbogen 18, 6020 Innsbruck, Österreich, Innsbruck, Austria
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